Drei Schwestern

Allgemein, Schauspiel

 

von Anton Tschechow | Maxim Gorki Theater Berlin | 2022

Bühne: Jeeyoung Shin
Kostüm: Pina Starke
Livemusik: Falk Effenberg
Licht: Ernst Schießl
Dramaturgie: Maria Viktoria Linke
Fotos: ©Ute Langkafel




»Das Gorki gratuliert sich selbst zum 70-Jährigen. Und spielt einen Klassiker des Hauses nach. Ein großer Spaß mit doppeltem Boden.

Wir halten nichts von der Debatte, ob man wegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine nun keinen Tschaikowsky mehr in Konzerthallen spielen sollte. Aber ausgerechnet Tschechows „Drei Schwestern“ auf die Bühne stellen? Ein Stück, in dem drei Frauen in der Provinz versauern und ständig „Nach Moskau, nach Moskau“ schluchzen? Moskau hat als Sehnsuchtsort (und Sehnsuchtswort) erst mal ausgedient.

Aber diese Inszenierung zielt auch auf ganz anderes: Das Gorki feiert damit das 70-Jährige des eigenen Hauses. Und stellt in seinem Studio R einen eigenen Klassiker nach: Thomas Langhoffs Tschechow-Inszenierung von 1979. Darin wurde der Stillstand, die Agonie in der DDR aufgegriffen, und jeder, der das Stück damals sah, hat das so verstanden. 1984 wurde die Inszenierung fürs DDR-Fernsehen verfilmt. Und genau darauf bezieht sich Christian Weise in seiner Inszenierung, die in Wirklichkeit ein Reenactment, eine Nachstellung ist.

Nicht drei Schwestern, sondern eigentlich sechs

Eine alte Videokassette wird eingelegt und der Film ist im Hintergrund auf einer durch viele TV-Geräte durchbrochenen Leinwand zu sehen. Dabei spielt Falk Effenberger live auf der Hammondorgel, und im Vordergrund spielen sechs Schauspieler, alle männlich, alle mit Migrationshintergrund, das Stück nach, zu dem sie eigentlich keinen Bezug haben. Den sie sich aber schaffen. In grünen Ganzkörperstrampelanzügen schlüpfen sie in die Rollen aller 14 Darsteller des Originals. Und stellen jedes TV-Bild nach. Eigentlich sind das also nicht drei Schwestern, sondern sechs: Ein doppeltes Spiel auf zwei Ebenen.«

Peter Zander, Berliner Morgenpost