Madame Bovary

Allgemein, Schauspiel

 

Gustave Flaubert | Ballhaus Ost | 2011

Bearbeitung von Daniela Dröscher & Christian Weise

Dramaturgie: Maria Linke
Musik: Jens Dohle
Bühne: Constanze Kümmel
Kostüm: Andy Besuch



»Dröscher und Weise reduzieren den Stoff auf eine knapp zweistündige Prenzlauer-Berg-Sitcom, in der alternative Spießer mit Geburtshaus-Spleen und tablettenabhängige Popstars einander die Klinke in die Hand geben. „Madame Bovary“ will hier nicht mehr sein als eine lustige Vorführung der neuen Bürgerlichkeitsklischees am adäquaten Ort – allerdings mit einer sensationell ambivalenten Inga Busch in der Titelrolle. Die maßlose Enttäuschung und die absolute Unverschämtheit, mit der diese Frau, die selbst nichts auf die Reihe kriegt, ihren Gatten niederschreit und im Kaufrausch versinkt, öffnet eine völlig neue Perspektive auf die über 150 Jahre alte Romanfigur.«

Christine Wahl, Tagesspiegel




»Weise inszeniert „Madame Bovary“ leicht und beschwingt und macht eine rasante Komödie daraus.

Lustvoll tauchen die Schauspieler in zu Karrikaturen verzerrte Figuren ein: Inga Busch bewegt sich als Emma beeindruckend selbstverständlich und entspannnt auf der Bühne, wechselt bruchlos von der nervenkranken Gattin zur abgebrühten Liebhaberin, sie räkelt sich kokett-lasziv und dabei immer höchst komisch auf dem Sofa. Flaubert mokierte sich über Emmas falsche Sehnsucht nach Kitsch. Weise rechnet in seiner Inszenierung nun schonungslos mit dieser Emma ab, die weniger ein Opfer von Kitsch- und Konsumindustrie ist, sondern mehr ein Opfer ihrer selbst: ein Luder, das die Verantwortung für ihr Lebensglück an den Partner delegiert. „Sie brauchen einen wirklichen Mann in einer wirklichen Welt“, meint der Nachbar, als das Haus gepfändet und die Ehe zerrüttet ist- und in diesem aufgedrehten Theaterspektakel dann doch noch ganz zart die große, verzweifelte Leere dieser lebensuntüchtigen Frau aufblitzt.«

Adrienne Braun, Stuttgarter Zeitung




»Turbulent und komödiantisch kommt das „Sittenbild aus der Provinz“ mit der großartigen Inga Busch als Emma Bovary über die drei Spielebenen der kleinen Theaterbox. Doch was wie eine Farce wirkt, ist eine bitterböse Diagnose. Denn im Vergleich zu ihrer sehnsüchtigen literarischen Vorgängerin aus dem 19. Jahrhundert ist die Emma von heute eine psychosomatische Patientin. Ihre unerfüllten Sehnsüchte aber können beide nicht stillen. Die eine nimmt Arsen, die andere Alkohol und Schlaftabletten.
Ziemlich weit entfernt von gustave Flauberts 1857 veröffentlichtem Roman „Madame Bovary“ haben sich Daniela Dröscher und Christian Weise in ihrer aktuellen Theaterfassung. Statt schön und gebildet ist ihre Titelfigur eher trivial, aber sehr sexy.

Als menschliches Inferno, herzzerreissend und urkomisch zugleich, stolpert Inga Busch auf roten Lack-High-Heels und im Animal-Look depressiv, alkoholkrank und pleite in den Abgrund. Verlogen trauern die sogenannten Freunde, süffisant kommentiert die Schwiegermutter „Das Leben ist wie eine Hühnerleiter, beschissen“, warum nur, warum?“, lächelt verklärt Charles.«

Brigitte Jähnigen, Stuttgarter Nachrichten




»Es ist ein Abend, um sich selbst ein bisschen auf die Couch zu lümmeln und alles nicht ganz so genau zu nehmen.«

Anne Peter, Nachtkritik